Auch wenn niemand etwas gesagt hat, manchen mag es vielleicht doch erstaunt haben, ausgerechnet mich - wohl besser bekannt als Amber Marie Ford aus der Demokratischen Union - auf der Kartenkonferenz anzutreffen, und mehr noch, dass ich mich sogleich persönlich für die Wiedervereinigung der deutschsprachigen MN-Gemeinder auf einer Karte ausgesprochen habe und an der Entwicklung von Wegen und Lösungen mitarbeite, dieses Ziel zu erreichen.
Denn einstmals gehörte ich zu den glühendsten Anhängern der Graphein Foundation, hegte die Vision, diese solle eine in sich geschlossene Gemeinschaft bilden, ohne jede Kontakte, Kooperationen oder Berührungspunkte mit den Staaten der OIK. Der Abbruch sämtlicher diplomatischer Beziehungen zwischen GF- und OIK-Staaten ging mir längst nicht weit genug, auch Veranstaltungen wie vEXPO oder Microlympiade waren mir ein Dorn im Auge, mir schwebten entsprechende Ereignisse eigens für die GF-Staaten vor. Am liebsten wäre es mir sogar noch gewesen, sämtliche Präfixe wie "Micro-" oder "Virtuell-" aus dem simulationsinternen Wortschatz dieser Gemeinde zu streichen, und um das Fehlen jedweder Verbindung zu den OIK-Staaten zu unterstreichen auch auf den Begriff "Micronationen" zu verzichten, und ihn durch einen simulationsexternen Namen für die Spielwelt der GF-Staaten zu ersetzen, der diese als völlig autarkes Spiel- und Simulationsuniversum vereint und gegen alles andere abgrenzt hätte.
Vor den hinlänglich bekannten strukturellen Problemen der GF - vor allem der geringen Gesamtspielerzahl in den Staaten dieser Karte und der daraus resultierenden Inaktivität und somit dauerhaften Überlebensunfähigkeit des Großteils ihrer Staaten - verschloss ich konsequent die Augen, bzw. legte mir dafür eine ganz eigene Erklärung zurecht: schuld sollten die OIK-Staaten sein! Alberne Krabbelstuben voll pubertierender Jugendlicher, in denen fast nur Blödsinn vor sich ginge, der jeden potenziellen Spieler jenseits der Zwanzig sofort entsetzt in die Flucht schlüge. Kein Wunder, meinte und sagte ich, dass die GF-Staaten den Allerwertesten nicht hoch bekommen - wenn sie sich mit sowas selbst in einen Topf werden, anstatt sich konsequent abzugrenzen.
Zur Einsicht und Umkehr kam ich, als ich auch vor mir selbst nicht mehr verleugnen konnte, wie weit die Umsetzung meines eigenen Traumes schon fortgeschritten ist, wie wenig die GF-Staaten noch mit den klassischen Micronationen ihrer Blütezeit zu tun haben - und wie unglücklich ich damit bin. Die streng realistischen GF-Staaten fühlen sich starr und kalt an, wirken trotz der in ihrer kleinen Gemeinde regelrecht geheiligten und z. T. äußerst aufwändigen kulturellen Ausgestaltung alle grau in grau. Das Leben ist aus ihnen ausgezogen. Fantasie haben ihre Mitspieler eigentlich nur noch wenn es darum geht, Eigenschaften des realen Vorbildes eines Staates in dessen Ausgestaltung zu adaptieren. Die GF-Staaten sind nur noch so etwas wie Modellbaussätze, die zusammengeklebt, bemalt und weggestellt werden um hernach Staub zu fangen. Eine Politiksimulation, früher Herzstück der Micronationen, findet fast nirgendwo mehr statt. Auch die Gesellschaftssimulation ist allerorts mausetot. Dass Micronationen ein Hobby sind, das Spaß machen soll spürt man fast nirgendwo mehr, puritanische Ernsthaftigkeit dominiert alles.
Nicht nur, da mir in Astor bereits vorgeworfen wird, in der dortigen Diskussion über die Kartenkonferenz die OIK zu verherrlichen, sondern weil es einfach der Wahrheit entspricht muss ich zwar sagen: ich weiß nicht, ob das in den OIK-Staaten überall pauschal und spürbar besser ist. Aber ich denke dennoch, dass die Selbstisolation, in welche sich ein Teil der Spieler der MN-Gemeinde auf der GF-Karte begeben hat, der Entwicklung in dieses Stadium nicht unerheblichen, im Ergebnis mindestens mitursächlichen Vorschub geleistet hat. Denn die unschlagbare Stärke der OIK-Staaten ist ihre Vielfalt. Das bunte Mit- und Nebeneinander von Politik-, Gesellschafts-, Kultur-, Geschichts-, Spaß- und "Allround"-.Simulationen zieht allerlei unterschiedliche Charaktere, Temperamente und Interessen an, jeder findet etwas für sich, und entdeckt beim Blick über den Tellerrand einfach und unkompliziert Neues, das ihn wiederum neugierig macht. Vielfalt schafft Flexibilität, die OIK-Staaten zusammengenommen bieten annähernd jedem, der Lesen und Schreiben kann und einen regelmnäßigen Internetzugang besitzt irgend einen Punkt, an dem er erst mal einsteigen, sich in der virtuellen Welt einleben und von innen heraus umsehen kann. Ihre letztliche Einseitigkeit ist ein massiver "Standortnachteil" der GF, ihre Staaten sprechen nur Leute an, die gezieltes Interesse an wirklichkeitsgetreuen, an reale Staaten oder Kulturkreise angelehnten Simulationen haben, und diese treffen dort oftmals auf bereits seit langem eingeschworene, und in mancherlei Hinsicht "abgestumpfte" Spielergemeinschaften, in die hineinzufinden ungleich schwieriger ist als in die stärker in Bewegung befindlichen Spielerschaften der OIK-Staaten. Darum halte ich auch das in Astor bereits thematisierte Zusammengehen allein von GF und AIC zur Schaffung einer Gesamtkarte aller "realistischen" Simulationen, unter Ausschluss eher humorvoll oder fantastisch angelegter Staaten für keinen probaten Weg, denn er löst das Problem nicht (mal ganz abgesehen von der Frage, ob in diesem Fall darauf bestanden würde, Pottyland von der GF/AIC-Gesamtkarte zu werfen - denn in den Augen der "Realitätspuristen" ist es ein ihnen unliebsamer "Spaßstaat") - ein Teil der verschiedenen, von Anhängern der streng realistischen Simulation als kompatibel eingestuften Staaten bliebe trotzdem auf der OIK-Karte, die ebenso offen und gemischt bliebe wie zuvor, also auch weiterhin möglicher Anziehungs- und Einstiegspunkt für quasi jedermann, mit zahlreichen Möglichkeiten andere Simulationskonzepte kennenzulernen und für sich zu erproben, während die GF/AIC-Karte eine "Spartenkarte" bliebe, die nur einen begrenzten Teil der grundsätzlich an Micronationen interessierten potenziellen Neumitspieler anspräche.
Was ich also im Klartext sagen will, ist:
Auch und gerade die realistisch orientierten Staaten brauchen insbesondere die mehr auf Humor und Fantasie akzentuierten Staaten!