MN-Start ohne Ausgestaltung

  • Wie wäre es eigentlich, noch mal ein MN-Projekt so wie früher anzufangen? Ein paar Gründungswillige finden sich zusammen und der Staat und dessen Ausgestaltung ist dann das Resultat der verschiednen Charaktere. Also sozusagen freies Spiel der Kräfte statt das Prinzip "am Anfang steht der Plan" und jeder muß seine Figuren diesem Plan unterordnen. Ich fand das früher jedenfalls immer wieder interessant, eine MN bei der Entstehung zu erleben. In den heutigen MNs kommt vielleicht in mancher Hinsicht Konzepten (seien sie vom Reißbrett oder über Jahre gewachsen) und Administration zu viel Bedeutung zu. Ich bin zwar selbst grundsätzlich recht ausgestaltungsaffin, aber vielleicht sollten wir es doch wieder mal wie früher ausprobieren, vielleicht wäre das ja auch als Abwechselung ganz nett und für Neueinsteiger eine Erleichterung.


    PS: Ich hege zur Zeit keine Gründungsabsichten und will das im Grunde einfach mal zur Diskussion stellen. Mir kam der Gedanke nur, weil mir auffiel, daß sich beispielsweise manche meiner Ideen zur Zeit in kaum einer MN spontan umsetzen ließen, da vielerorts die Bahnen tatsächlich eingefahren scheinen.

  • Nur aus Neugier, das freie Spiel der Kräfte fände lediglich innerhalb eines solide vorgegebenen Rahmens statt? Also wenn z.B. Batman auftauchen würde und es eine Seesamstraßenpartei gäbe, was wäre dann?

  • Naja, ich denke, im Zweifel müssen sich die Spieler dann darüber abstimmen (ggf. immer wieder neu), ob sie das wollen oder nicht bzw. ob es einen gewissen Rahmen gibt. Prinzipiell halte ich den Gedanken, Satire und Spaßsimulation bzw. Phantastisches und realistische Simulation zu vermischen nicht mal für vollkomen abwegig. Dann mag es eben etwas kafkaesk werden. ;)

  • Also wenn ich mich recht erinnere waren hier ja schon ein paar Aufrufe zu Neugründungen ohne vorherigem Konzept, sprich: Einladung von Anfang an dabei zu sein. In der Regel wurde das hier auf dem MdMn nicht gerade positiv begrüßt. ;)
    Und Überhang Administration: Ja da gebe ich dir Recht, aber das ist halt die Krux an der Sache, Bespaßen lassen oder selber Arsch bewegen und aktiv gestalten...für viele ist die Wahl sehr einfach. Entsprechend werden die wenigen Aktiven in einer MN in eine Spielleiterrolle gedrängt, die vorher nie angedacht war.

  • Naja, ich denke, das stand oft auch unter dem Eindruck, daß da Leute, die von der Materie (noch) keine Ahnung hatten, sich eben mal einen Staat zusammenbasteln und ggf. von den anderen ihre Arbeit machen lassen wollten. Frei nach dem Prinzip: "Ich bin der Kaiser Fritz I. von Fritziland, ihr bekommt auch Posten, wenn ihr mitmacht." Ein Konzept auf die Beine zu stellen, wäre für mich sicher kein Problem, ob es dann jemanden anspricht, wäre eine andere Frage. Daß Korland ausgestaltungsmäßig absolut nichts taugen würde, wurde mir noch selten gesagt, trotzdem hält sich das Interesse in Grenzen.


    Das Problem ist aber doch zum Teil, daß die MNs eine deutliche Handschrift tragen. Korland wird etwa seit 5 Jahren ununterbrochen konservativ regiert, in Dreibürgen sind meist die Nationalliberalen an der Macht, Bergen würde ich großteils sozialdemokratisch sehen. Als einzelner kann man an solchen jahrelang gefestigten Zuständen kaum etwas verändern.


    Mir persönlich läge es auch ein wenig fern, etwa in Aquatropolis mich für die Einführung der Parteiendemokratie stark zu machen, in Astor eine kommunistische Partei zu gründen und den Umsturz zu proben, oder Lillemark zu politisieren und etwa eine Terrororganisation aufzuziehen. Dauerhaft ist für sowas kaum Platz. Mittlerweile ist es in den MNs üblich (ob man es wahrhaben will oder nicht), daß man zumindest auf der Metaebene den Konsens pflegt und das bedeutet auch Ausgestaltungen zu achten.


    Zitat

    Und Überhang Administration: Ja da gebe ich dir Recht, aber das ist halt die Krux an der Sache, Bespaßen lassen oder selber Arsch bewegen und aktiv gestalten...für viele ist die Wahl sehr einfach. Entsprechend werden die wenigen Aktiven in einer MN in eine Spielleiterrolle gedrängt, die vorher nie angedacht war


    Das ist natürlich eine Seite der Medaille wozu man durchaus noch das ein oder andere sagen könnte.


    Aber zumindest ich muß mich da auch an die eigene Nase fassen, daß ich den Leuten in meiner MN zuweilen wohl nicht immer genug Freiräume lasse, sich zu entfalten. (D.h. Freiräume sind eigentlich genug, aber die Frage ist, ob man sich dafür nicht mit Ständestaat, Preußen und Zwischenkriegszeit viel zu gut auskennen muß, um sie ohne größere Schwierigkeiten nutzen zu können.) Wenn man bei fremden Kulturen oder historistischen Konzepten ein wenig den Daumen draufhält, daß das Konzept auch in die Mentalität, Sprache, das Simulationshandeln, die Bebilderung etc. einfließt, wird das den Leuten schnell zu anstrengend. Die meisten Spieler sind da andererseits aber auch zu höflich, einfach mal klipp und klar zu sagen, daß man es übertreibt oder sich auch einfach mal nicht an die Vorgaben zu halten, sondern stimmen eher mit den Füßen ab. (Wobei die "Vorgaben" selbst nicht mal immer explizit sind, aber sich einfach aus einem gewissen gelebten Simulation in den MNs ergeben.)


    Leicht läuft sowas letztlich auf eine Art "Kommandowirtschaft" der Administration (in Verbindung mit einer gewissen "Bespaßung") hinaus und sobald die dann selber mal etwas inaktiver wird oder keine Anregungen gibt, bricht alles zusammen und die Leute laufen weg. Es ist eben die Simulation der Administration - im besten Falle interessant zu lesen und gelegentlich zu kommentieren - aber eben nicht die Simulation einer Spielergemeinschaft.


    PS: Wobei ich den letzten Teil meiner reichlich selbstkritischen Ausführungen jetzt auch nicht mißverstanden wissen möchte. ;)

  • Zitat

    Mittlerweile ist es in den MNs üblich (ob man es wahrhaben will oder nicht), daß man zumindest auf der Metaebene den Konsens pflegt und das bedeutet auch Ausgestaltungen zu achten.


    Und da sehe ich die Krux bei der Sache. Ich verfolge da eigentlich immer strikt einen Improtheater-Ansatz: Wer zuerst sagt, dass etwas so oder so ist, der setzt damit diesen Rahmen, und ein Faktum wird dann dadurch daraus, dass die Mehrheit der Involvierten das als Faktum anerkennen. Absolutismen gibt es bei einem solchen Ansatz natürlich nicht, aber die überwältigende Mehrheit der Spielfakten ist dennoch überragend konstant.


    Um das mit einem Beispiel zu illustrieren: Wenn X im Spiel sagt, dass A die Hauptstadt ist und soundsoviele Einwohner hat, dann ist das im Spiel wohl so, wenn die anderen Mitspieler das im Spiel auch so sehen. Wenn jetzt aber Y sagt, dass A (andere Zahl) Einwohner hat, dann ist da ein Disput, und der wird dann wie im RL auch entschieden, sei es durch Autorität oder durch Argumente.


    Mit dem Ansatz »Es gibt eine Spielleitung, und die bestimmt SimOff die Fakten und dann muss man SimOn damit spielen« konnte ich noch nie viel anfangen.

  • Meines Erachtens hat grundsätzlich beides seine Berechtigung, es sind eben von Grund her völlig unterschiedliche Ansätze. Der Ansatz ständiger Improvisation und Spontaneität zielt eher auf innersimulatorische Diskussion, Interaktion und Aktivität ab. Der andere Ansatz will eine Ausgestaltung leben, Geschichten erzählen und eine gewisse darstellerische Qualität erreichen. Gewissermaßen Improvisationstheater gegen Regietheater, wenn man so will. In der Praxis werden wohl überall Mischformen der beiden Extreme vorherrschen. Es ist ja auch so, daß die Stärken des einen Ansatzes die Schwächen des anderen sind und umgekehrt.

  • Sehe ich genauso, wenngleich mir der Improvisationsansatz recht gut gefällt. Er ist entspannter, wenn mal einer durchdreht. Ich hatte es bisweilen oft, dass meine Sim von Admins gesperrt oder gelöscht wurde, weil sie nicht ins Konzept passte. Dabei könnte man ja erst einmal warten, wie die Mitspieler reagieren. Schlimmbestenfalls erklären sie eine ID simon einfach für verrückt, weil die Sachen behauptet, die offensichtlich nicht stimmen. Die Grenzen hat das wohl bei innerstaatlichen Konflikten, da kommt es darauf an, wie grün sich die Spieler untereinander sind. Eine Politiksim wird auch schwer funktionieren, wenn Wahlergebnisse im Nachhinein aus Improvisationsgründen zurückgenommen werden. Als Start für eine neue MN, von der man nicht weiß, in welche Richtung sie nehmen soll, halte ich das Improvisationsdingens jedoch für sinnvoll. Vielleicht in Verbindung mit einigen wenigen Eckpfeilern, wie eben der Frage, wie Wahlergebnissen und Waffenkonflikten umgegangen werden soll.

  • Ein gewisser Rahmen muß da sein. Wie starr der dann gehandhabt wird und ob er sich wandeln kann ist eine andere Sache. Und es muß eben Dinge geben die gelten, in Bezug auf die Technik z.B., zumindest nach außen. Sonst wäre internationale Sim nicht machbar. Und auch für das schaffen neuer Tatsachen muß es gewisse Grundsätze geben, nur müssen die sich entwickeln. Leider ist es wohl wirklich so, daß eine MN mit zunehmendem Alter immer starrer wird.
    Wenn irgendeine neue MN mit der Kraft, aus sich selbst zu bestehen sowas durchzöge, es wäre sicher spannend. Nur müssen die Leute schon da sein und eine gewisse Anfangsbasis haben, sonst sind wir wieder bei sowas wie Kronborg.
    @Perleburg: Es war und ist nicht verboten, in Aqua eine Partei zu gründen und sich für die Demokratie stark zu machen. Die Leute lachen schließlich auch bei uns gerne mal... ;)

  • Zitat

    Er ist entspannter, wenn mal einer durchdreht.


    Ich persönlich simuliere ja grundsätzlich eher gerne etwas ernster, allerdings fehlt mir zuweilen auch irgendwie die Möglichkeit, das komisch zu durchbrechen, um deutlich zu machen, daß es ja doch bloß ein Spiel ist. Zum Beispiel einfach mal so mit einer Staatschef-ID durch die Straßen zu laufen und Schaufensterscheiben mit dem Vorschlaghammer einzuschlagen o.ä. und dann ganz trocken zu äußern, "meine Herren, ich bitte um die Rechnung für den entstandenen Sachschaden, meine Personalen dürften ja bekannt sein". In Korland haben wir sowas schon in einzelnen Threads gemacht, aber doch eher, wenn die Simulation gerade so gut wie inaktiv war. Wenn man derartiges allerdings im laufenden Betrieb macht (z.B. eine Politiker-ID eher als Persiflage gestaltet), wird es tatsächlich vielfach ignoriert oder zum Teil auch dagegen vorgegangen. Es ist damit allerdings auch nicht ganz leicht umzugehen, da es doch ein gewisser Störfaktor sein kann.


    Zitat

    @Perleburg: Es war und ist nicht verboten, in Aqua eine Partei zu gründen und sich für die Demokratie stark zu machen. Die Leute lachen schließlich auch bei uns gerne mal...


    Wenn ich Euch erst mal die Political Correctness und ein Glühlampenverbot bringe, lacht ihr nicht mehr! :D

  • Das Konzept einer MN ohne eine genaue Ausgestaltung finde ich sehr interessant. Sollte solch eine MN gegründet werden, hätte ich durchaus Interesse daran, an einer solchen MN mitzuarbeiten. Die Frage ist jedoch, ob in ferner Zukunft einzelne Mikronationen aktiv genug sein können, um zu überleben.
    Schalom,
    Daniel Rosenzweig.

  • Eine Micronation ohne entsprechende "Anfangs"-Ausgestaltung gab es hier schon desöfteren.
    Früher verband man damit den feinfühligen Begriff: Ferien-MN. Allerdings haben sich die wenigstens über drei Wochen gehalten.

  • Nein, noch früher hatte keiner ein klares kulturelles Vorbild (um nicht zu sagen Kopiervorlage), was man ja heute meistens unter Ausgestaltung versteht. Karten sind oft genug auch erst nach der Gründung gemeinsam entworfen worden. Das geht und hat nichts mit den lieblos hingerotzten Staaten zu tun, die du meinst. Damals waren nicht alle MNs Ferienstaaten, obwohl es den Begriff wahrscheinlich fast schon so lang gibt wie MNs überhaupt.

  • Der Unterschied zwischen Ferien-MNs und MNs ohne Anfangsausgestaltung liegt in der Motivation. Während bei Ferien-MNs der Grundgedanke »Ich will eine MN, und die soll grob irgendwie so toll sein wie die anderen, bürgert ein und macht mal« ist, lautet er bei MNs ohne Anfangsausgestaltung eher »Machen wir zusammen eine MN, weil wir Spaß an der Ausgestaltung haben«.

  • Nein, noch früher hatte keiner ein klares kulturelles Vorbild (um nicht zu sagen Kopiervorlage), was man ja heute meistens unter Ausgestaltung versteht.


    Richtig, aber Kaputistan, Drull, Aranien etc. waren trotzdem klar unterscheidbar, während es später überwiegend austauschbare Königreiche und Bundesrepubliken gab. Da gab es eine zeitlang ein halbes Dutzend Staaten, in denen die Würde unantastbar war. Grässlich!

  • Eine Insel, es gibt Städte und die Einwohnerzahl ist festgelegt. Und das ohne jede weitere Ausgestaltung. Jetzt kann alles passieren. Jeder der kommt kann Land einnehmen und ein Staat ausrufen. Mit einer Bedingung, es gibt keine Schusswaffen, nur Schwerter, Dolche, Messer, Pfeil und Bogen, Armbrust und sowas. Ich find sowas spannend.
    Da das Mikroschiff ja nicht mehr so die Interesse besteht.

  • Ganz ohne anfängliche Ausgestaltung geht es eben nicht, es ließen sich ja sonst nichtmal die Machtverhältnisse sinnvoll simulieren. Fängt eben bei den technischen Grenzen an.
    Lockr sollte man die Gestaltung handhaben, nur muß erstmal was da sein, was sich wandeln kann. Ich hab es schon bei Kronborg gesagt, niemand nimmt einem Gründer seine Arbeit ab.
    Was dann drus wird im Laufe der Zeit....
    Was das mit den Schwertern angeht, wir haben auch gewaltsame Änderungen erlebt. Allerdings waren da ander Gerätschaften im Spiel.... :D
    @Perleburg: Du kannst sicher demokratisch für Gühbirnenverbot und Political Correctnes werben, wir haben Meinungsfreiheit. Aber bringen?
    Irgendwie fällt mir da die Halbwertzeit eines Schneeballes in einem aktiven Hochofen ein... :D