Was würdet ihr nehmen

  • Hi,
    wir haben momentan für unseren Kurs ein Projekt, wo wir in Gruppen einen rein fiktiven Staat gründen müssen. Aber wir wissen einfach nicht welche Ideologie der Staat haben soll.
    Also her Sozialistisch, Liberalistisch, Nationalistisch und sowas halt.


    was würdet ihr nehmen als Ideologie?


    Danke


    P.S.: ich aufgezählten sind nur Beispiele ;)
    Eine Art wissen wir, wir wollen nichts mit König und so was haben. :D

  • Die Begriffe sagen nicht wirklich etwas über ein Staatswesen. Ich z. B. stamme aus dem bis 1989 nach eigenem Verständnis "demokratischen Deutschland", wo heute diverse merkbefreite Gruppierungen den "nationalen Sozialismus" fordern. Und was soll "Liberalistisch" sein - gesellschaftsliberal, wirtschaftsliberal, libertär?


    Persönlich wäre ich für einen gesellschaftsliberalen Staat mit Wirtschaftsdemokratie. Reizvoll wäre sicherlich ein libertärer Staat, der eben nicht hohe Steuern erhebt, um damit Spekulationsverluste zu entschädigen, sondern die Banken einfach dem Markt überlässt. :)

  • Verbot von Spekulation an sich (ein Amerikanisches Unding...)


    Spekulieren macht jeder Händler - er kauft und spekuliert darauf, dass er die ware zu einem höheren Preis los wird. Problematisch wird es erst, wenn die politischen Machthaber eine "Systemrelevanz" halluzinieren. Aus gutem Grund waren durch den Glass-Steagall Act Investment- und Commercial-Banking getrennt. Das wurde unter Clinton leider aufgehoben - mit den bekannten Folgen. Aber der Idiot hat auch Scientology Steuerfreiheit eingeräumt.


    In einem richtigen Markt werden die, die sich verspekulieren, von selbigem gedrängt.

  • Und was kommt beim "freien Spiel der Märkte" raus? Einfach mal ne Runde Monopoly zu Ende spielen ;)


    Einige wenige große Konzerne können leichter durch revolutionäre Arbeiter- und Soldatenräte übernommen werden als unzählige kleine Unternehmen. ;)


    Spaß beiseite: Marktwirtschaft geht natürlich nur, wenn ein Schiedsrichter Regeln aufstellt und auch durchsetzt (früher wurden marktbeherrschende Konzerne durch die Wettbewerbshörde zerschlagen). Dazu gehört natürlich auch, dass Unternehmer bzw. Verantwortliche haften und nicht die Steuerzahler. Es ist doch absurd, dass vernünftig wirtschaftende Unternehmer und ihre Angestellten via Steuertransfers für Fehler unfähiger Manager aufkommen müssen. Oder ein Provinzfürst mit Steuergeldern eine unnötige Konkurrenz zu funktionierenden privaten Anbietern schafft und dann nicht für die Insolvenz seiner Sandburg verantwortlich sein will.

  • Fakt ist es gibt Skaleneffekte, die sich aufgrund von Technik und Produktionsweise ergeben, da also zum "klassischen Konkurrenzkapitalismus" vom "Monopolkapitalismus" zurückzuwollen ist als würde man sich in die bäuerliche Dorfgemeinschaft des Mittelalters oder in das Arbeitsmarktsystem der Gilden zu Anbeginn der Renaissance zurückwünschen. ;)

  • Wenn der Staat als Schiri auftritt, ists keine freie Marktwirtschaft mehr. Wobei ein solches Auftreten den Kapitalismus auch nicht an der Weiterentewicklung hindert (ihr wisst ja, Staat als Machtinstrument der herrschenden Klasse usw.). Deshalb noch zwei ausgesprochen schöne Zitate (nein, nicht von Marx) zum Thema:


    "Die Produktion wird vergesellschaftet, die Aneignung jedoch bleibt privat. Die gesellschaftlichen Produktionsmittel bleiben Privateigentum einer kleinen Anzahl von Personen. Der allgemeine Rahmen der der formal anerkannten freien Konkurrenz bleibt bestehen, und der Druck der wenigen Monopolinhaber auf die übrige Bevölkerung wird hundertfach schwerer, fühlbarer, unerträglicher."


    "Die Kartelle vereinbaren Verkaufsbedingungen, Zahlungstermine u.a. Sie verteilen die Absatzgebiete untereinander. Sie bestimmen die Menge der zu erzeugenden Produkte. Sie setzen die Preise fest. Sie verteilen den Profit unter die einzelnen Unternehmungen usw."


    p.s.wo bleiben die M-L-Experten? :D


  • beim unteren Zitat vermute ich mal Lenin mit seinem Werk "Imperialismus als höchste Form des Kapitalismus" oder? :D

  • Ted Johnson, sehr richtig, das erste Zitat stammt auch von Lenin, beide aus dem Jahr 1916.


    Zitat

    Ein echter freier Markt bleibt nicht lange frei - siehe Monopoly. Ein sehr realistisches Spiel.


    Ohne übergeordnete Instanz funktioniert das nicht auf Dauer.


    Joan Batista, wie das mit einer "übergeordneten Instanz" funktioniert, sehen wir gerade in der Realität: es kommen trotzdem Krisen heraus, die "Tendenz zur Konzentration und Monopolbildung" verstärkt sich. Kann ja auch gar nicht anders sein, wenn man den Bock zum Gärtner macht, und die Kapitalisten sich selbst kontrollieren lässt, denn wessen Machtinstrument ist und wessen Interessen vertritt der Staat? Siehe oben. Und schön illustriert wieder von Lenin und einem gewissen Herrn Jeidels, seines Zeichens promovierter Ökonom und Bankier:


    Zitat

    Die „Personalunion“ der Banken mit der Industrie findet ihre Ergänzung in der „Personalunion“ der einen wie der anderen Gesellschaften mit der Regierung. Jeidels schreibt: „Freiwillig werden Aufsichtsratsstellen gewährt an Personen mit gutklingenden Namen, auch ehemaligen Staatsbeamten, die im Verkehr mit den Behörden manche Erleichterung (!!) schaffen können“... „Im Aufsichtsrat einer Großbank sieht man gewöhnlich ... ein Parlamentsmitglied oder ein Mitglied der Berliner Stadtverwaltung“.


    Kommt mir grad irgendwie bekannt vor.


    Ich stelle gerade fest, dass ich diesen Thread für Leninismus missbrauche :D Sollten wir vielleicht an anderer Stelle weiter ausführen.

  • Joan Batista, wie das mit einer "übergeordneten Instanz" funktioniert, sehen wir gerade in der Realität: es kommen trotzdem Krisen heraus, die "Tendenz zur Konzentration und Monopolbildung" verstärkt sich. Kann ja auch gar nicht anders sein, wenn man den Bock zum Gärtner macht, und die Kapitalisten sich selbst kontrollieren lässt, denn wessen Machtinstrument ist und wessen Interessen vertritt der Staat? Siehe oben. Und schön illustriert wieder von Lenin und einem gewissen Herrn Jeidels, seines Zeichens promovierter Ökonom und Bankier:


    Mit übergeordneter Instanz meinte ich eine neutrale, durchsetzungsfähige Wettbewerbsbehörde, nicht die Konzernhuren in den Regierungen. Derzeit will der Schiedsrichter selbst mitspielen, grätscht nebenbei einige Spieler um und gibt Torvorlagen für andere Spieler. So kann das natürlich nicht funktionieren.


    Dass sich heute vier Energiekonzerne 80 % des Marktes aufteilen, hätte niemals passieren dürfen, wenn die Politik ihre Hausaufgaben erledigt hätte.

  • neutrale, durchsetzungsfähige Wettbewerbsbehörde


    Ich weiss gar nicht, warum sich immer die Sozialisten und Kommunisten vorwerfen lassen müssen, unrealistische Träumer zu sein ;) Nein im Ernst: sowas wie eine neutrale, durchsetzungsfähige Wettbewerbsbehörde wird es im sich zuspitzenden Kapitalismus und gerade in Krisenzeiten nicht geben.