So faszinierend die Vorstellung einer in sich geschlossenen Spielwelt ausschließlich realistischer Micronationen für deren Liebhaber auch sein mag, eine solche hätte dauerhaft mit Nachwuchs-, und somit auch Aktivitäts- und Motivationsproblemen zu kämpfen. Denn sie geriete unweigerlich in genau den Kreislauf, in welchem die GF bereits gefangen ist: weil sie nur Interessenten an einer realistischen Politiksimulation anspricht und kaum noch bis keine Berührungspunkte mehr mit anderen Simulationstypen aufweist hat sie nur ein sehr begrenztes Neumitspielerpotenzial, weniger Neumitspieler erschweren den Ersatz ausscheidender Altmitspieler, was langfrisitg die Aktivität, Fantasie und Motivation mindert und das Festfahren bestimmter Strukturen begünstigt, in welche Neumitspieler wiederum nur schwer hineinfinden, was wiederum die Zahl der Neuzugänge reduziert - und immer so weiter, bis die betreffenden Projekte schließlich einschlafen.
Nun wird, wiederum in Astor, argumentiert, dass möge ja alles richtig sein, und eine micronationale Gemeinde aller Simulationstypen haben durchaus Sinn und Berechtigung - aber das müsse doch nicht auf einer Karte sein?! Ich meine, die Geschichte der MN-Gemeinde seit Gründung der GF beweist, dass eine gemeinsame Karte doch so etwas wie das Fundament einer sich als solcher empfindenden und entsprechend zusammenhaltenden Gemeinde ist.
Keine der drei Kartenorganisationen hat sich jemals förmlich zu " der einzig Wahren" erklärt, also verkündet, die anderen zu ignorieren. Während manche Staaten diplomatische Kontakte zu Staaten auf den anderen Karten ablehnen, pflegen andere diese auch weiterhin. Auch wenn die GF sich weitgehend abgeschottet hat, es gibt durchaus noch Spieler, welche in Nationen beider Karten aktiv sind. Manche Organisationen wie z. B. die UVNO stehen Staaten aller Karten offen. Die micronationalen Großveranstaltungen wie vEXPO, Microlympiade, Fußball-WM usw. sind kartenübergreifend. Es gibt das allen Micronationen offen stehende MNwiki, und schließlich diesen Marktplatz. Was bräuchte es denn noch, um von einer Gemeinde auf mehreren Karten zu sprechen?
Ich konstatiere als Erfahrung: eine Karte verbindet, mehrere Karten trennen, beides jeweils mehr als fast jede andere Einrichtung. Will ein Spieler einer beliebigen Nation einmal über deren Tellerrand hinausschauen, die micronationale Welt kennenlernen - was gibt es näherliegenderes und anschaulicheres als die Weltkarte? Und sehen nicht zahlreiche ausdrücklich realistisch oreintierte Staaten mit ähnlichen oder gleichen Simulationskonzepten und gemeinsamen Interessen an simulationsinternem Kontakten und Zusammenarbeit gehindert, weil sie auf verschiedenen Karten liegen, und es unrealistisch ist, Verbindungen in ein "Paralleluniversum" zu unterhalten? Werden nicht eigentlich allseits fals sinnvoll und wünschenswert empfundene Gemienschaftsveranstaltungen wie vEXPO, Microlympiade usw. nur deshalb Opfer von Zank und Streit, Ignoranz und Boykott, weil sie in einem Staat auf der "falschen" Karte stattfinden, oder Staaten von dort an ihnen teilnehmen? Welchen Grund sich zu verweigern gäbe es auf einer gemeinsamen Karte noch?
Der Volksmund sagt: "Man trifft sich immer zweimal im Leben", und manchmal gilt das auch für die eigenen Ansichten, die man mittlerweile abgelegt hat. Mittlerweile von der Notwendigkeit einer gemeinsamen Karte aller deutschsprachigen Micronationen überzeugt, begegnen mir nun in der Diskussion darum in Astor meine ehemaligen Positione, die ich einst selbst aggressiv verfochten habe, allen voran: "Wie soll man denn bitte zusammen mit Spaßstaaten auf einer Karte sinnvoll und realistisch simulieren können?" Ich denke, das geht völlig problemlos. Aus eigener Erfahrung - ich habe es schließlich selbst lange genug getan - kann ich sagen, dass die humorvolleren oder fantastischeren Simulationen den Verfechtern des puristischen Realismus ein Bisschen so etwas sind wie die angeblich im Wald um das Dorf lauernden Monster in dem Film "The Village - Das Dorf". Künstliche Schreckgestalten, mit denen allen Angst gemacht wird, damit sie gar nicht erst auf die Idee kommen, aus ihrer künstlichen, zum Heil erklärten Isolation ausbrechen zu wollen.
Die Zahl der tatsächlich etwas augenzwinkernder angelegten Staaten auf der OIK-Karte lässt sich wohl an einer Hand abzählen, und so schrecklich anders als die stärker realismusbetonten Nationen sind sie eigentlich auch nicht. Vor Jahren war ich mal mit einer früheren Identität Botschafterin bei der "Dreieinigen Allianz" oder wie die Organisation heißt, also dem Bündnis aus Bananaworld, Pottyland und Pizzaros, das auch die außenpolitische Vertretung seiner Mitgliedstaaten übernommen hat. Was erlebte ich in diesen Ländern? Es gibt dort einen Regieurngschef und Minister, Parlamente und Gesetze - vieles also im wesentlichen ganz genau so wie in anderen Ländern auch. Inwiefern ihr etwas humorvollerer Grundton sie nun so fundamental anders macht, dass ihre Präsenz auf der gleichen Weltkarte den Sinn und die Funktionsfähigkeit der ausschließlich realistisch ausgerichteten Staaten - die mit diesen Ländern ja weder Botschafter austauschen, noch Verträge schließen oder Staatsbesuche veranstalten müssen - existenziell bedroht, verstehe ich wirklich nicht.
Als Schmankerl zum Abschluss noch die Wahrheit über die Trolle in Tir Na nÒg, die wohl durch meine wiederholte Erwähnung zu einer populären Keule der GF-Anhänger gegen die OIK-Staaten wurden: es gibt sie dort weder als Haupt- noch Nebenidentitäten, auch sind sie kein Bestandteil der dortigen "Tierwelt" oder so. Es gibt in Tir ein Forum, in welchem Geschichten erzählt werden aus denen die volkstümliche Mythologie des Landes entwickelt wird, und dort tauchen eben u. a. Trolle auf, so wie in europäischen Märchen z. B. Hexen, Feen, Zwerge und zu Fröschen verwunschene Prinzen. Ich hatte irgendwie mal was von Trollen in Tir gehört, und das war für mich damals natürlich ein gefundenes Fressen, das ich nur zu gerne in meinem Sinne verwertet habe.
Dieser Text soll vor allem ein Denkanstoß für und Appell an jene realistisch orientierten Nationen und ihre Spieler sein, die einer Gesamtkarte aller deutschsprachigen Micronationen skeptisch bis ablehnend gegenüberstehen. Es ist die Chance auch und gerade für eure Nationen, in einem geschlossenen Zirkel nur unter Ihresgleichen haben diese langfristig einfach keine Zukunft...